Gewitter und neue Anfänge

Als nach einer guten halben Stunde am Mittwochabend der heftige Gewitterregen über Engelrod nachließ und das abendliche Sonnenlicht wieder durch die Wolken dringen konnte, begann im Bürgerhaus die Verabschiedungsfeier für Lautertals Bürgermeister Dieter Schäfer, auf der ebenfalls nicht nur eitel Sonnenschein herrschte.

s dauerte zuvor ein wenig, bis Bürgermeister Dieter Schäfers letzte Lautertaler Gemeindevertreterssitzung im Dorfgemeinschaftshaus in Engelrod beginnen konnte. Ein heftiges Gewitter mit Starkregen sorgte für Verspätungen bei einigen Gemeindevertretern und Gästen sowie eine Einsatzalarmierung der Feuerwehr, der auch Gemeindevertreter Pascal Fischer Folge leisten musste, was Auswirkungen auf die Beschlussfähigkeit der Gemeindevertretung hatte. Nach rund 20 Minuten kehrte dieser wieder zurück und stellte die Beschlussfähigkeit wieder her, sodass Gemeindevertretungsvorsitzender Hans-Jürgen Herbst die Sitzung eröffnen konnte. Viel zu beschließen gab es an dem Abend aber nicht. Letzter und wichtigster Punkt auf der Tagesordnung war die Verabschiedung des Bürgermeisters.

Die im Rahmen des Wahlkampfs und besonders des Wahlausgangs erzeugten Verwerfungen und Enttäuschungen schwebten trotz vieler offener und ehrlicher Worte des Dankes und des Lobes für die Leistungen des scheidenden Amtsinhabers über der Feier. Besonders gefreut haben dürfte Schäfer, dass neben Landrat Dr. Jens Mischak und dem Herbsteiner Staatsekretär Michael Ruhl auch viele seiner amtierenden und ehemaligen Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen nach Engelrod kamen, um ihn zu verabschieden.

Worte des Dankes

Unter den Gästen waren daher auch Ulrichsteins Ex-Bürgermeister Edwin Schneider, sein Nachfolger Dr. Steffen Scharmann, Herbsteins ehemaliger Rathauschef Bernhard Ziegler und seine Nachfolgerin Astrid Staubach, Bürgermeister Dr. Olaf Dahlmann aus Wartenberg, die ehemalige Bürgermeisterin aus Schotten, Susanne Schaab, der Schottener Stadtrat Willi Zinnel und Andreas Sommer aus Mücke.

Michael Ruhl dankte Schäfer auch im Namen des CDU-Stadtverbandes Herbstein-Lautertal, dessen Vorsitzender er ist, für die vergangenen »sechs erfolgreichen Jahre«, und betonte, dass man von außen oft »nicht mehr als zehn Prozent dessen sieht, was an als Bürgermeister zu leisten hat«. Dieter Schäfer habe als Rathauschef »dicke Bretter gebohrt«. Er wünschte Schäfer, einem »sehr angenehmen Zeitgenossen«, alles Gute für die Zukunft und dankte ihm für dessen Engagement.

Landrat Mischak griff die Stimmung der letzten Monate dann auch in seiner Laudatio auf. »Du hättest dir das sicher anders gewünscht und das darf man an einem solchen Abend sagen«, betonte er. Doch heute Abend gehe es darum, Danke zu sagen. Dieter Schäfer habe oft im Kreis auf Lösungen für Lautertal gedrängt, unter anderem bei den Straßenbauprojekten, betonte Mischak und richtete ein dickes Lob an »den Menschen Dieter Schäfer«, der mit seiner »offenherzigen, humorvollen, gastlichen und geselligen Art ein Menschenfreund im besten Sinne des Wortes« sei. Der Landrat betonte aber auch, dass Wahlen »kein Erntedankfest« seien. »Wir alle haben nur Verantwortung auf Zeit«. Solche Situationen böten aber auch immer neue Chancen und neu Perspektiven und »zwingen uns, neue Wege einzuschlagen«. Mischak wünschte Schäfer für seinen weiteren Weg. »alles erdenklich Gute, Glück, Gesundheit und Gottes Segen«. Das tat auch Bürgermeister Andreas Sommer aus Mücke, der als stellvertretender Sprecher der Vogelsberger Bürgermeisterversammlung die Grüße seiner Kollegen überbrachte. »Du kannst stolz auf die zurückliegenden Jahre sein«, bekräftigte er und dankte Dieter Schäfer, einem »guten Freund und Kamerad« für die »gute und kollegiale Zusammenarbeit«.

Nachdem bereits Michael Ruhl für die Lautertaler CDU Grüße überbracht hatte, dankten auch Lisa Habicht im Namen SPD und Richard Golle für die UBG Schäfer kurz für dessen Leistungen der letzten sechs Jahre. »Du hast viel gemeistert«, erklärte Habicht, und Golle betonte die »unparteiische und nie nachtragende Art« Schäfers, der immer für die Bürger da gewesen sei. Gemeinsam mit Gemeindevertretungsvorsitzendem Herbst, dem SPD-Vorsitzenden Jan Hendrik Veith und Patrick Heil von der CDU überreichten Habicht und Golle im Anschluss ein Präsent der Gemeindevertretung.

Worte der Enttäuschung

Nachdem Karl-Heinz Hansel aus Engelrod noch die Grüße aus der österreichischen Partnergemeinde Adlwang überbracht hatte, schritt der scheidende Bürgermeister zum Rednerpult und hielt einmal mehr trotz vieler Worte des Dankes »für eine bewegende Zeit mit überwiegend positiven Momenten« mit seiner weiterhin schwelenden Enttäuschung und dem Unverständnis über den Wahlausgang nicht hinter dem Berg. »Fünf Jahre lief alles wie am Schnürchen und Errungenschaften für die Bürgerschaft, die untrennbar mit meinem Namen verknüpft sind, stellten sich erfreulicherweise ein, weil die Politik in diesen fünf Jahren fast ausschließlich einstimmige Beschlüsse zum Wohle Lautertals fasste«, betonte Schäfer, der dann noch einmal auf zahlreiche Errungenschaften hinwies, »die ich mir auf meine Fahne schreiben darf«. Kritik teilte Schäfer dann nicht nur an die Adresse von SPD und UBG aus, die seinen Gegenkandidaten Lukas Becker unterstützt hatten, der am Montag sein Amt antritt. Auch die CDU, die ihn zwar als einzige im Wahlkampf unterstützt hatte, musste einstecken. »Das späte Bekenntnis zu mir, der seinen Wahlkampf ganz alleine bestreiten musste, kam mir dann auch nicht wirklich zunutze«. Auch der Verweis auf die »Abkehr der Feuerwehr, der ich fünf Jahre fast alle Wünsche erfüllte« und die »seltsame Stimmung im Rathaus«, die mit »Beginn der Kandidatur des Azubis« einsetzte, offenbarte Schäfers weiterhin tiefe Verletzung und Enttäuschung. »Das tat sehr weh«, betonte er. Aufrichtiger Dank ging unter anderem an die Bürgermeisterkollegen, die Kreisspitze, die Verwaltung und den Bauhof - und natürlich »an meine Conny, die alle Höhen und Tiefen mit begleiten durfte, beziehungsweise musste«. Eine neue Tätigkeit habe er noch nicht gefunden, bekannte er freimütig, wenngleich er »einige Bewerbungen am Laufen habe« und warb am Ende seiner Rede für sich als »loyalen, fleißigen, humorvollen und sehr unkomplizierten Arbeitnehmer«: »Greifen Sie zu, ich stehe bereit!«

Ob diese Art des Abschieds nun in den Augen der Anwesenden passend oder unpassend schien - klar war, die Worte kamen aus tiefstem Herzen. Dennoch ernteten sie, neben manchen ernsten Mienen im Saal, Applaus - von einigen höflich, von anderen herzlich gemeint. Widerworte verkniffen sich die Adressaten der Schäferschen Enttäuschung jedenfalls.

Eröffnung neuer Kapitel

Gut möglich, dass diese Rede für den scheidenden Rathauschef vielleicht auch eine Art »reinigendes Gewitter« darstellte, was zum meteorologischen Hintergrund des Abends gepasst hätte. Ob Schäfer diese Verbitterung überwinden kann, wird die Zeit zeigen.

Immerhin, die Stimmung schien sich im Anschluss nicht allzu sehr getrübt zu haben: Aufmunternde Worte und überreichte Geschenke sowie die Hoffnung auf einen gelingenden beruflichen Neuanfang für Dieter Schäfer hier und die Hoffnung auf eine erfolgreiche Amtszeit für den ebenfalls anwesenden Nachfolger Lukas Becker dort ließen am Ende bei Kaltgetränken, Brezeln und Würstchen fast schon ein wenig Harmonie aufkommen. Ein Kapitel schließt sich, ein neues wird eröffnet.