Der Weichensteller geht von Bord

Lautertals Ex-Bürgermeister Heiko Stock beendet seine Tätigkeit in Löhnberg.

Die Gemeinde Löhnberg im Landkreis Limburg-Weilburg befindet sich in einer finanziell äußerst kritischen Lage. Das Regierungspräsidium (RP) Gießen hatte deshalb mit Heiko Stock (parteilos), selbst früher Bürgermeister der Gemeinde Lautertal, einen Staatsbeauftragten eingesetzt. Grund für diese ungewöhnliche und tiefgreifende Maßnahme war eine bestehende ernste und nachhaltige Störung des Verwaltungsganges. Nachdem in der Gemeinde mit Reiner Greve ein neuer Bürgermeister gewählt worden ist, beendet der Staatsbeauftragte seine Tätigkeit zum 31. März.

Seit 1. Oktober hatte Heiko Stock die Aufgaben des Bürgermeisters vorübergehend wahrgenommen. Der neu gewählte Bürgermeister trat am 21. März bereits seinen Dienst an, sodass wieder von einer Funktionsfähigkeit der gemeindlichen Verwaltung ausgegangen werden kann. Die Wahl war notwendig geworden, weil sich der bisherige Bürgermeister Frank Schmidt (SPD) langzeiterkrankt in den Ruhestand versetzen ließ.

»Heiko Stock hat im vergangenen halben Jahr wichtige, wenn auch für die Bürgerinnen und Bürger teilweise schmerzliche Entscheidungen auf den Weg gebracht, damit die Gemeinde Löhnberg ihren Haushalt wieder konsolidieren kann«, bilanziert Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Die kontinuierliche Anwesenheit einer Leitungsperson sei in dieser Situation unabdingbar gewesen. Das habe sich sehr deutlich gezeigt. Zugleich dankt er Heiko Stock für seinen Einsatz, »der einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, dass die Menschen in Löhnberg spüren, hier wird für die Zukunft aufgearbeitet, um das Vertrauen in die Arbeit der Gemeindeverwaltung wiederherzustellen«. »Für diese herausfordernde Aufgabe war der Finanzexperte genau der Richtige mit seinen 30 Jahren Berufserfahrung auf den verschiedensten Feldern der öffentlichen Verwaltung«, betont Regierungspräsident Ullrich. Er habe aus einer neutralen Perspektive erforderliche und notwendige Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung umgesetzt. »Heiko Stock hat genau das gemacht, was wir uns erhofft hatten, nämlich in kurzer Zeit den Ist-Stand in der Löhnberger Gemeinde transparent und sachlich orientiert analysiert und das auch innerhalb der Gemeindeorgane kommuniziert.« Die eingeleiteten Maßnahmen machten das deutlich. »So unangenehm sie sind, bleiben sie doch unumgänglich.« Es sei andererseits auch darum gegangen, in den gemeindlichen Gremien wieder die Weichen für eine künftige konstruktive Zusammenarbeit zu stellen.

Direkt nach der Wahl des neuen Bürgermeisters Reiner Greve am 9. Februar gab es mit Stock mehrere Abstimmungs- und Übergabegespräche. Nach dem Ende seiner halbjährigen Tätigkeit als Staatsbeauftragter wird Heiko Stock wieder selbstständig als Kommunalberater tätig sein.

Was bleibt von der Löhnberger Zeit?

»Es war für mich eine spannende und interessante Zeit mit vielen neuen Erfahrungen, von denen ich bei künftigen Verwendungen sicherlich profitieren werde, zum Beispiel auch als Kommunalrechts-Dozent beim Hessischen Verwaltungsschulverband«, sagt Stock. »Ich bin dankbar für die vielen Begegnungen und Unterstützungen, die ich in dieser Zeit erleben durfte.«

Dennoch sei die Zeit auch sehr herausfordernd gewesen so der Lautertaler Kommunalberater rückblickend. Zum einen, so Stock, seien Strukturen vorhanden gewesen, die von der üblichen Norm abwichen, etwa die immer gleiche Tagesordnung bei Einladungen von Gremien sowie nicht vorhandene Beratungsvorlagen. Zum anderen sei bei einem Teil der politisch Verantwortlichen überhaupt kein Bewusstsein vorhanden gewesen, dass die Gemeinde über Jahre hinweg deutlich über ihre Verhältnisse gelebt habe.

Aber er nimmt auch viele Erkenntnisse aus seiner Zeit als beauftragter Interims-Bürgermeister mit: »Einerseits konnte ich vollständig neue Erfahrungen machen, etwa bezüglich gemeindlicher Gesellschaften. Andererseits kam mir meine Zeit als langjähriger Verwaltungsmitarbeiter und Lautertaler Bürgermeister zugute, wenn es um alltägliche Verwaltungsabläufe ging«, erklärt Heiko Stock.

Wenn in Lautertal schwierige Entscheidungen angestanden haben, hätten viele Sitzungen stattgefunden, die teilweise auch nicht öffentlich waren. Diese Formate seien in Löhnberg so teilweise nicht bekannt gewesen, was die Arbeit erschwert habe. »Mich hat die Zeit in Löhnberg in der Auffassung bestärkt, dass Gespräche erforderlich sind, um möglichst viele Mandatsträger mit auf den Weg zu nehmen und hierdurch Vertrauen aufzubauen«, fasst Stock zusammen. Auch nach seiner Zeit als Bürgermeister dürfte der Kontakt von Heiko Stock nach Löhnberg nicht abreißen: »Meinerseits steht das Angebot, bei Bedarf für Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Im Zeitraum von sechs Monaten entstehen erfreulicherweise Bekanntschaften, die wir auch weiterhin pflegen wollen.«